Ist das was Esoterisches?
Die Frage wird gelegentlich gestellt, wenn ich von meinen Planetenwanderungen erzähle. Sie ist nicht leicht zu beantworten. Denn was genau unter dem Begriff zu verstehen ist, scheint Jeder und Jede etwas anders zu definieren. Ich selbst verwende ihn daher lieber gar nicht. Aber da er nun mal in der Welt ist, kann ich die Frage auch nicht ignorieren.
Ich weiß, wie empfindlich viele Astronomen reagieren, wenn sie mit Astrologen verwechselt werden. Umgekehrt kann man aber auch spirituell interessierte Menschen mit wissenschaftlich-mathematischen Erklärungsmodellen manchmal wunderbar zur Weißglut bringen. Das zeigt zumindest eins: Wir bewegen uns in einem hoch aufgeladenen Spannungsfeld, in dem es kräftig blitzen und donnern kann.
Und warum auch nicht? Im Weltall sind gewaltige Kräfte am Werk, die Dimensionen unfassbar. Wer sich ernsthaft darauf einlässt, kann eigentlich gar nicht anders, als mental aus dem Gleichgewicht zu geraten. Ich glaube, dass jeder Mensch in seinem Leben so einen Moment der Irritation erfährt, wenn er die unvorstellbare Größe des Universums erkennt. Die meisten werden gleich danach wieder zur Tagesordnung zurückkehren und sich dringlicheren Fragen widmen. Manche suchen Halt in der wissenschaftlichen Aufarbeitung dieser Erfahrung, andere widmen sich eher den ästhetischen Aspekten.
Die Wanderung auf Planetenwegen scheint mir ein guter Rahmen zu sein, um die vermeintlich unvereinbaren Sichtweisen zusammenzubringen, ohne dass es gleich zu gefährlichen Entladungen kommen muss. Die Schnittstelle, wo sich Wissenschaft und Ästhetik berühren, ist für mich der Rhythmus: Sonne, Mond, Planeten und Sterne bewegen sich in regelmäßigen, rhythmischen Mustern über den Himmel, die sich mathematisch beschreiben lassen. Zugleich ist Rhythmus aber auch etwas, das sich sehr unmittelbar sinnlich erleben lässt. Tatsächlich habe ich mir selbst einst das Schlagzeugspielen beigebracht, indem ich die Takte und Notenwerte zunächst ausgezählt habe, bis ich sie fühlen konnte.
Die Himmelsbeobachtung ging den umgekehrten Weg: Bevor die Menschen mit dem Zählen begannen, etwa indem sie für jeden Tag zwischen zwei Vollmonden eine Kerbe in einen Knochen schnitten, werden sie die Rhythmen der Himmelskörper gespürt haben -- wahrscheinlich viel intensiver, als wir es uns heute vorstellen können. Statt im Internet die Mondphasen nachzusehen, haben sie einfach im Takt des Mondes gelebt. Das hat überhaupt nichts mit Mystik zu tun: Jägern und Sammlern etwa beschert der Mond alle 29 Tage besonders helle Nächte, in denen sie gut jagen können.
„Lunar libration with phase2“ von Tomruen - English Wikipedia, original upload 7 September 2005 by Tomruen [1]. Lizenziert unter Public domain über Wikimedia Commons.
Ein solcher sinnlicher Zugang zum Weltall ist heute nicht mehr ohne weiteres zu realisieren. Zu viele künstliche Lichter überstrahlen den Himmel und gegen die immer schneller ratternden Taktgeber der modernen Industriegesellschaft haben der gemächliche Tanz von Sonne, Mond und Sternen keine Chance.
Auf Planetenwegen lässt sich aber zumindest eine Ahnung davon gewinnen, wie unsere frühen Vorfahren das Weltall erlebt haben mögen -- und dabei hilft wiederum die Wissenschaft. Es ist ähnlich wie mit dem Schlagzeugspielen: Das mathematisch-naturwissenschaftliche Verständnis des Kosmos hat ja die Errichtung von maßstabgerechten Modellen des Sonnensystems überhaupt erst möglich gemacht, die jetzt einen körperlich-sinnlichen Zugang zu unserer kosmischen Nachbarschaft eröffnen.
Wer will, kann die Wanderung auf einem Planetenpfad daher durchaus als eine Form der Meditation betreiben. Je weiter du dich von der Sonne entfernst, desto größer werden die Abstände zwischen den Planeten. Mit dem physischen Raum weitet sich auch der geistige und das gestärkte Gefühl für die langsamen kosmischen Rhythmen kann dir helfen, Ordnung in die Hektik und Kurzatmigkeit des modernen Alltags zu bringen.
Ob das jetzt eher ein esoterischer oder ein wissenschaftlicher Zugang zum Weltall ist, kann und will ich nicht entscheiden. Ich erlebe jedenfalls das Wandern auf Planetenwegen als eine bereichernde Erfahrung, die ich hier und bei meinen geführten Wanderungen mit anderen zu teilen versuche. Bislang ging das ohne Blitz und Donner ab. Spannend ist es trotzdem.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen